Robert Habeck: Wunsch und Wirklichkeit

Der Bundeswirtschafts- und Klimaminister hatte schon Anfang 2023 eine klare Vorstellung von der Zukunft der deutschen Wirtschaft. Bei einer Bundespressekonferenz zeigte er ein Schaubild mit der Entwicklung der Industrieproduktion und einigen Unterkomponenten (siehe Foto). 

Quelle: © BMWK/Andreas Mertens https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2023/04/20230426-habeck-zur-fruehjahrsprojektion.html

Seine Botschaft war klar: Dank der klugen Wirtschafts- und Klimapolitik der Ampel-Regierung werde sich ein Teil der Industrieproduktion (die grüne Kurve, die in der Legende als nicht energieintensiv gekennzeichnet ist) nach oben entwickeln und, wie man dem Foto klar entnehmen kann, schon im Januar/Februar 2023 mit klar aufwärtsgerichteter Tendenz den Indexwert von 100 von unten durchstoßen. Mitgezogen von dieser dynamischen Entwicklung wird auch die gesamte Industrieproduktion, die ebenfalls den Indexwert von 100 erreicht.

Dagegen zeigt der Minister auf dem Foto, dass der Teil der Industrie, der als energieintensiv gekennzeichnet ist, deutlich absackt und weit unter dem Indexwert von 90 bleibt. Man ahnt sofort, was der Minister damit sagen will: Kaum ist die richtige Regierung an der Macht, entwickeln sich die Dinge so, wie man es erwartet. Energieintensive Unternehmen haben keine Zukunft in Deutschland, aber den anderen wird es blendend gehen. Ist das nicht das Ergebnis von Habecks transformativer Angebotspolitik in Reinkultur?

Leider ist die Wirklichkeit etwas komplizierter. Gerade hat das Statistische Bundesamt neue Produktionszahlen für August 2024 veröffentlicht, die doch eine erhebliche Menge Wasser in den ministeriellen Wein gießen. Wie die untenstehende Originalgraphik des Amtes zeigt, hat in der Tat die gesamte Industrieproduktion zu Anfang des Jahres 2023 den Indexwert von 100 übertroffen. Aber danach ging es keineswegs aufwärts, sondern nahezu stetig bergab. 

Noch erstaunlicher: Das Einzige, was zuletzt (seit Ende 2023) aufwärts ging, war die Produktion bei den energieintensiven Branchen, die sich von einem Indexstand von 80 auf 85 zurückarbeiteten. Werden sich die beiden bei 90 treffen und gemeinsam weitermarschieren? Von einer Wende in die aus Sicht der Regierung richtige Richtung kann jedenfalls nicht die Rede sein. Eher von einem Schock im Energiebereich, der inzwischen teilweise verdaut ist. 

Insgesamt ist die Entwicklung dramatisch schlecht. Die Auftragseingänge deuten auf einen weiteren Rückgang der Produktion (hier die Ergebnisse für August 2024 von gestern) und die Umfragen, die schon den September abdecken, verheißen auch nicht Gutes. Wenn in der Regierung auch in den kommenden Monaten niemand begreift, was Rezession heißt (vgl. dazu dieses Papier), und dass man dagegen nicht mit „transformativer Angebotspolitik“ vorgehen kann, wird man in der Tat erleben, dass beide Kurven sich wieder vereinen und auf niedrigem Niveau das Ende dieser Regierung besiegeln.