Damit man weiß, worüber man redet, wenn man Trumps Dekret zur Handelspolitik anspricht, hier die Originalquelle mit einer deutschen Übersetzung der wichtigen Abschnitte.
Dazu hänge ich einen Artikel an, den ich im Jahre 2018 geschrieben habe, nachdem die Treasury damals das Ergebnis ihrer Prüfungen zum gleichen Thema veröffentlicht hatte. Man darf vermuten, dass diesmal das Ergebnis sehr ähnlich ausfallen wird.
„…Sec. 2. Addressing Unfair and Unbalanced Trade. (a) The Secretary of Commerce, in consultation with the Secretary of the Treasury and the United States Trade Representative, shall investigate the causes of our country’s large and persistent annual trade deficits in goods, as well as the economic and national security implications and risks resulting from such deficits, and recommend appropriate measures, such as a global supplemental tariff or other policies, to remedy such deficits. …
The United States Trade Representative, in consultation with the Secretary of the Treasury, the Secretary of Commerce, and the Senior Counselor for Trade and Manufacturing, shall undertake a review of, and identify, any unfair trade practices by other countries and recommend appropriate actions to remedy such practices under applicable authorities, including, but not limited to, the Constitution of the United States; sections 71 through 75 of title 15, United States Code; sections 1337, 1338, 2252, 2253, and 2411 of title 19, United States Code; section 1701 of title 50, United States Code; and trade agreement implementing acts. …
The Secretary of the Treasury shall review and assess the policies and practices of major United States trading partners with respect to the rate of exchange between their currencies and the United States dollar pursuant to section 4421 of title 19, United States Code, and section 5305 of title 22, United States Code. The Secretary of the Treasury shall recommend appropriate measures to counter currency manipulation or misalignment that prevents effective balance of payments adjustments or that provides trading partners with an unfair competitive advantage in international trade, and shall identify any countries that he believes should be designated as currency manipulators.”
(… „Abschnitt 2. Bekämpfung von unfairem und unausgewogenem Handel. (a) Der Handelsminister untersucht in Absprache mit dem Finanzminister und dem Handelsbeauftragten der Vereinigten Staaten die Ursachen der hohen und anhaltenden jährlichen Handelsdefizite unseres Landes bei Waren sowie die wirtschaftlichen und nationalen Sicherheitsauswirkungen und -risiken, die sich aus diesen Defiziten ergeben, und empfiehlt geeignete Maßnahmen, wie z. B. einen globalen Zusatzzoll oder andere politische Maßnahmen, um diese Defizite zu beheben. …
Der Handelsbeauftragte der Vereinigten Staaten wird in Absprache mit dem Finanzminister, dem Handelsminister und dem leitenden Berater für Handel und Fertigung eine Überprüfung durchführen und etwaige unlautere Handelspraktiken anderer Länder ermitteln und geeignete Maßnahmen empfehlen, um solche Praktiken im Rahmen der geltenden Regeln zu beseitigen, einschließlich, aber nicht beschränkt auf die Verfassung der Vereinigten Staaten, die Abschnitte 71 bis 75 von Titel 15 des United States Code, die Abschnitte 1337, 13 38, 2252, 2253 und 2411 von Titel 19, United States Code; Abschnitt 1701 von Titel 50, United States Code; und Handelsabkommen-Durchführungsgesetze. …
Der Finanzminister überprüft und bewertet die Richtlinien und Praktiken der wichtigsten Handelspartner der Vereinigten Staaten in Bezug auf den Wechselkurs zwischen ihren Währungen und dem US-Dollar gemäß Abschnitt 4421 von Titel 19 des United States Code und Abschnitt 5305 von Titel 22 des United States Code. Der Finanzminister empfiehlt geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung von Währungsmanipulationen oder -verzerrungen, die eine wirksame Anpassung der Zahlungsbilanz verhindern oder Handelspartnern einen unfairen Wettbewerbsvorteil im internationalen Handel verschaffen, und benennt alle Länder, die seiner Meinung nach als Währungsmanipulatoren eingestuft werden sollten.“)
Treasury Report: „The Germans are bad, very bad“ (aus dem Jahr 2018)
Das amerikanische Finanzministerium hat in seinem jüngsten „Currency Report“ eine erstaunlich korrekte Analyse der europäischen Krise abgeliefert. Warum wollen die Europäer das nicht begreifen?
Was der amerikanische Präsident schon im Mai 2017 wusste, hat jetzt ein offizieller amerikanischer Report bestätigt: „The Germans are bad, very bad“. Im sogenannten Currency Report, den das amerikanische Schatzamt jedes halbe Jahr an den Kongress übermittelt, werden Trumps Worte zwar nicht wiederholt, doch die Botschaft ist die Gleiche.
Nun ist es nicht das erste Mal, dass in einem solchen Report Deutschland kritisiert wird, aber die Art und Weise wie das jetzt getan wird, zeigt doch, dass die amerikanische Administration inzwischen viel besser versteht, was in der Eurozone passiert ist als vorher. Dass die deutschen Medien und die deutsche Politik dazu dröhnend schweigen, spricht Bände.
Warum verstehen nur die Amerikaner, was in Europa passiert?
Mehr als erstaunlich ist, dass die US-Administration offenbar viel besser versteht, was in der Eurozone passiert ist als die Mitglieder der Eurozone selbst. Mit einer so offenen und klaren Kritik an Deutschland ist bisher keines der Eurozonen-Länder, die unter der deutschen Politik unmittelbar leiden, hervorgetreten. Die Treasury schreibt in ihrem Deutschland-Kapitel:
„Over the long run, there has been a meaningful divergence between German domestic inflation and wage growth and (faster) average euro area inflation and wage growth. This has contributed to a general rise in Germany’s competitiveness vis-à-vis its euro area neighbors. However, given the wide dispersion of economic performance across the euro area, the euro’s nominal exchange rate has not tracked this rise in German competitiveness. …
Allowing an increase in domestic demand against relatively inelastic supply should help push up wages, domestic consumption, relative prices against many other euro area members, and demand for imports; and higher relative prices would help appreciate Germany’s undervalued real effective exchange rate. This would contribute to both global and euro area rebalancing.“
(Langfristig gab es eine deutliche Diskrepanz zwischen der deutschen Binneninflation und dem Lohnwachstum und der (schnelleren) durchschnittlichen Inflation und dem Lohnwachstum im Euroraum. Dies hat zu einer allgemeinen Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gegenüber seinen Nachbarn im Euroraum beigetragen. Angesichts der großen Unterschiede in der Wirtschaftsleistung im Euroraum hat der nominale Wechselkurs des Euro diesen Anstieg der deutschen Wettbewerbsfähigkeit jedoch nicht nachvollzogen. …
Eine Zunahme der Binnennachfrage bei relativ unelastischem Angebot dürfte dazu beitragen, die Löhne, den Binnenkonsum, die relativen Preise gegenüber vielen anderen Mitgliedern des Euroraums und die Importnachfrage zu erhöhen; und höhere relative Preise würden dazu beitragen, den unterbewerteten realen effektiven Wechselkurs Deutschlands aufzuwerten. Dies würde sowohl zur globalen als auch zur regionalen Neuausrichtung des Euroraums beitragen.“)
Es ist eine Schande, das europäische Administrationen nicht in der Lage oder nicht mutig genug sind, um mit einer so klaren und ungeschminkten Analyse die deutsche Frage in Europa zu stellen. Käme der französische Präsident mit solchen Vorschlägen und würde noch dazusagen, dass die deutsche Lohnpolitik das gemeinsam vereinbarte Inflationsziel verletzt hat, könnte er sich seinen europäischen Finanzminister und die sogenannte Arbeitslosenversicherung sparen.
Auch die italienische Regierung sollte sich die amerikanische Kritik zunutze machen. Bisher scheut auch sie sich, offiziell die deutsche Position anzugreifen und auf die deutschen Verstöße gegen die Regeln einer Währungsunion offen anzuprangern. Das mag Taktik sein, um für den weiteren Verlauf der „Verhandlungen“ mit Brüssel noch Argumente parat zu haben, aber früher oder später muss auf den Tisch, dass das deutsche Lohndumping der Kern der Euro-Misere ist und dass Deutschland fortwährend und ohne jede Sanktion durch die Kommission die Regeln für die Begrenzung von Leistungsbilanzüberschüssen massiv verletzt.
Woher kommen die Wechselkurse?
Jenseits der Euro-Problematik macht die Treasury aber weiterhin einen entscheidenden analytischen Fehler. Unter den drei Kriterien, die darüber entscheiden, ob ein Land ein „currency manipulator“ genannt wird, findet sich immer noch die Intervention am Devisenmarkt durch die Notenbanken. Da die EZB nicht am Devisenmarkt interveniert, fällt hier auch Deutschland durch das Raster. Das heißt, die Administration hält an der Fiktion fest, dass ein nicht durch Interventionen verzerrter Wechselkurs nicht zu kritisieren ist. Sie räumt zwar ein, dass es auch ohne Interventionen Unter- und Überbewertungen geben kann, scheut sich aber, den daraus folgenden Schritt zu gehen.
Das aber ist angesichts massiver und eindeutig destabilisierender Währungsspekulation durch nichts gerechtfertigt. Würde man statt der durch den Markt gefundenen Wechselkurse eine gesamtwirtschaftlich angemessene Wechselkuränderung als Norm unterstellen, also etwa Ausgleich der nationalen Lohnstückkostenzuwächse durch Auf- und Abwertungen, käme man auf noch viel mehr Fälle, in denen Länder ungerechtfertigter Weise an Wettbewerbsfähigkeit gewinnen oder verlieren.