Es gibt Dinge, die sind so unglaublich, dass selbst Menschen mit viel Fantasie niemals auf die Idee kämen, sie sich auszudenken. So ist es mit der letzten Pressekonferenz von Robert Habeck, bei der er heute die aktuelle Projektion der Bundesregierung zur Wirtschaftsentwicklung präsentierte.
Bei seiner Erklärung der wirtschaftlichen Schwäche in Deutschland (ab Minute 10) greift Habeck („zur Freude der Anwesenden“, so der Focus) zu einer Graphik, die den Handel der großen Industrieländer zeigen soll. Aufgezeichnet ist da das, was Habeck „Handel“ nennt, nämlich Export plus Import eines Landes im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt.
Das ist ungewöhnlich, denn warum sollte man Export plus Import zusammenfassen, viel interessanter ist ja Export minus Import, also der Saldo. Aber siehe da, bei diesem „Handel“ ist Deutschland spitze. Während nach den Worten von Habeck die übrigen Länder schön zusammenbleiben, löst sich Deutschland Anfang des Jahrhunderts von den übrigen und hebt nach oben ab. Das „Wirtschaftswunder“, wie der Bundeswirtschaftsminister es nennt.
Das „Wirtschaftswunder“
Habecks Bild sieht dem beiliegenden Bild aus meinem Grundlagenbuch sehr ähnlich. Hier sind allerdings nur die Exportquoten aufgezeichnet, nicht wie bei Habeck die Quote von Export plus Import. Hätte man den Leistungsbilanzsaldo in Relation zum BIP aufgezeichnet, das Bild wäre auch ganz ähnlich gewesen, nur mit dem kleinen Schönheitsfehler, dass einige Länder unter null geblieben wären, die mit den Defiziten natürlich und vorneweg die USA (diese Darstellung zeigt übrigens auch, wie ich in meinem Buch erkläre, dass die Spartheorie der LeistungsbilanzsaldenUnsinn ist).

Indem er aber Export und Import zusammenzählt erweckt er den Eindruck, dass es gerade nicht um die Salden geht, sondern irgendwie um Handel an sich. Das ist jedoch grandioser Unsinn, weil ein Land, das extreme Exporterfolge aufweist, selbstverständlich auch viel importiert und damit über eine hohe Handelssumme verfügt. Hätte Deutschland keinen Überschuss in der Leistungsbilanz, wäre bei den gleichen Exporterfolgen die Habecksche Quote noch viel höher, schüfe aber für niemanden einen Anlass sich aufzuregen.
Merkantilismus bleibt Merkantilismus
Glaubt eigentlich jemand in Berlin, dass man mit dieser Art von Volksverdummung bei internationalen Verhandlungen durchkommt? Trump jedenfalls und seine Berater werden sich vollkommen bestätigt sehen. Wie im Factsheet des Präsidenten beschrieben, ist es offensichtlich, dass Deutschland genau zu dem Zeitpunkt davonzieht, als Rot-Grün Anfang der 2000er Jahre mit Lohndumping die deutsche Wirtschaft auf Vordermann bringen wollten.
Weil Deutschland die Löhne im Zuge der Politik von Agenda 2010 und Hartz IV nicht entsprechend der Produktivität erhöhte, war die deutsche Binnenkonjunktur schwach und der Exporterfolg überragend. Kein Wirtschaftswunder, sondern blanker Merkantilismus zulasten der Handelspartner in der Welt und Betrug an den Partnern in der Europäischen Währungsunion. Das beiliegende Bild zeigt das in letzter Klarheit.

Trump gewinnt dennoch
Doch Trump hat schon einen schönen Erfolg errungen. In der aktuellen Projektion der Bundesregierung ist der Außenbeitrag (das ist das Äquivalent des Leistungsbilanzsaldo in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung) schon halbiert, wie der beiliegende Originalausschnitt zeigt. In der ersten Spalte steht das Jahr 2024, danach 2025 und 2026. Mit einem deutschen Überschuss von nur noch 77 Milliarden im nächsten Jahr wäre Trump seinem Ziel schon ganz nahegekommen.

Ich habe neulich von einem Politologen die Aussage gelesen, Fachexpertise sei für Minister ganz unwichtig. Klar, ein Minister, der keine Ahnung hat, ist einfach zu handhaben. Er lässt sich von seinen „Experten“ auch so einen Quark beibringen, wie ihn Habeck gerade verzapft hat. Wem aber ist damit gedient außer den Beamten, die sich klammheimlich über so viel Naivität amüsieren. Gäbe es in Deutschland nur einen Hauch von kritischem Journalismus, würde der Minister schon in der Pressekonferenz hart auflaufen. Doch zu nicht-existentem Journalismus passt natürlich nicht-existentes Fachwissen der Minister, insofern hat der Politologenkollege recht. Nur darf der Minister niemals auf einen Kollegen im Ausland treffen, der wirklich etwas weiß. Dann wird es nicht nur peinlich, sondern geradezu gefährlich. Aber das ist in den Modellen der Politologen sicherlich einfach nicht vorgesehen.