Noch vor wenigen Woche gab es die (deutsche) These aus der Spitze der EZB (von Isabel Schnabel), dass die Unsicherheit wegen der Lohnabschlüsse für die nächsten Jahre hoch sei, denn es könne sein, dass die Gewerkschaften wegen der verbreiteten Arbeitskräfteknappheit höhere Löhne durchsetzen könnten. Ich hatte dem damals heftig widersprochen (hier zu finden).
Nun haben wir den Beweis dafür, dass die EZB vollkommen daneben lag. Gerade gibt es einen Metallabschluss in Deutschland, der sich beim dauerhaften Lohnanstieg auf 5,1 Prozent über 25 Monate beläuft. Das sind nach Adam Riese etwas weniger als 2,5 Prozent auf ein Jahr gerechnet. Zwar gibt es noch 600 Euro als Einmalzahlung, aber es gibt auch Flexibilität in der Form, dass Betriebe, die eine Umsatzrendite von weniger als 2,3 Prozent aufweisen, vom vereinbarten Tarif nach unten abweichen können.
Damit ist klar, dass die EZB-These falsch und die hier vertretene Position vollkommen richtig war. Ich hatte vor einem Monat zu der damals in den Medien heftig diskutierten Lohnfrage festgestellt:
„Alles, was sonst noch im System schlummert, ist vollkommen unproblematisch. Selbst wenn es noch einige Nachhutgefechte wegen der Preissteigerungen der Vergangenheit gibt und die Dienstleistungspreiszuwächse noch ein wenig höher hält, ist es doch vollkommen klar, dass die Abschlüsse von nun an wieder auf der Basis einer Inflationsrate von zwei Prozent verhandelt werden. Damit ist die Gefahr, dass von dieser Seite neue Inflationsgefahren entstehen, aus der Welt. Wer anderes erzählt, ist vermutlich Interessenvertreter (einer Bank z. B.) oder einer der vielen „Experten“ die mit Gewalt versuchen, ihre eigenen Fehlprognosen über die Dauer und die Gefährlichkeit der „Inflation“ zu rechtfertigen. Im Übrigen kann in ganz Europa, anders als Frau Schnabel glaubt, von einer Arbeitskräfteknappheit nicht die Rede sein. Auch in der EZB sollte man zur Kenntnis nehmen, dass die Arbeitslosenzahlen als unmittelbare Folge der von der EZB zu verantwortenden Rezession in den meisten Ländern steigen und die Zahl der offenen Stellen sinkt.“
Wohlgemerkt, es geht nicht darum, Recht zu haben, es geht um die Frage, wieso eine Institution wie die EZB nicht in der Lage ist, zwei und zwei zusammenzuzählen, und warum fast alle Medien und „Experten“ das nachplappern, was von der politischen Spitze dieser Institution behauptet wird. Gerade eine politisch unabhängige Institution mit großer Verantwortung, man kann es nicht oft genug wiederholen, muss bei sachlichen Fehlurteilen hart und konsequent kritisiert werden. Unabhängigkeit darf nicht Unberührbarkeit heißen.
Darüber hinaus zeigt dieser Abschluss, dass bei den deutschen Gewerkschaften das (betriebswirtschaftliche) Thema Wettbewerbsfähigkeit wieder einmal absolute Priorität hat und die (volkswirtschaftliche) Vernunft systematisch in den Hintergrund drängt. „Flexibilität“ ist das indirekte Zugeständnis, dass man mit Lohnzurückhaltung Arbeitsplätze sichern kann. Das ist betriebswirtschaftlich richtig, gesamtwirtschaftlich aber falsch. Doch dazu demnächst mehr.