Zwei Geisterfahrer auf der Wirtschaftsautobahn

Gleich zwei Geisterfahrer gab es gestern auf der deutschen Wirtschaftsautobahn zu bestaunen. Angefeuert wurden sie von journalistischen Stichwortgebern, die allerdings darauf beharrten, dass die Geisterfahrer insbesondere in Sachen Migration genau das wiederholen, was in den vergangenen zwei Wochen schon einige hundert Male gesagt worden ist. Es war deshalb schon schwer, bis zu dem Punkt durchzuhalten, wo es um Wirtschaft ging, aber dann wurde es wirklich abenteuerlich. 

Der Bundeskanzler, von dem man seit langem weiß, dass er nichts, aber auch gar nichts von Wirtschaft versteht, hat das in diesem „Duell“ eindrucksvoll vorgeführt. Die Tatsache, dass die deutsche Wirtschaft wirklich erbärmlich dasteht, ist einfach an ihm vorbeigegangen. Er hat bis heute nicht begriffen, dass Regieren heißt, fähige Mitarbeiter zu haben, die Tag und Nacht nichts anderes tun, als dafür zu sorgen, dass die Regierungsspitze jederzeit informiert ist und dafür arbeiten kann, dass die Wirtschaft nicht abschmiert. Er hat sich allerdings auf einen Klimakämpfer und einen Libertären als die Minister für Wirtschaft und Finanzen gestützt, ohne vor deren Ernennung zum Minister auch nur einmal zu testen, ob die beiden das überhaupt können. Wer einen großen Betrieb mit solchen Mitarbeitern führt und selbst keine Ahnung hat, muss Schiffbruch erleiden, 

„Friedrich Merz kann Wirtschaft“ hat der Möchtegernkanzler aus Bayern vor einigen Tage noch den bayrischen CSU-Jublern zugerufen. Warum hat er es dann noch nicht einmal gezeigt, möchte man zurückrufen. Nein, Friedrich Merz kann Wirtschaft genauso wenig wie der amtierende Kanzler. Auch er ist ein dröger Jurist, der noch nie im Leben gehört hat, dass man auch in der Wirtschaft eine vernünftige Diagnose braucht, wenn man eine angemessene Therapie finden will. 

Folglich wissen beide nicht, was der europäischen Wirtschaft geschehen ist, nämlich wie ein temporärer Schock, hervorgerufen von der Corona-Pandemie, den Russland-Sanktionen und beschleunigt von Rohstoffspekulation, von der europäischen Geldpolitik vollkommen falsch behandelt wurde und auf diese Weise in ganz Europa die Investitionstätigkeit abwürgte, was natürlich den wichtigsten Hersteller von Investitionsgütern am stärksten getroffen hat. 

Olaf Scholz lobte die Geldpolitik gar für ihre harte Haltung, weil das geholfen habe, die Krise zu verkürzen. Dass die USA bei der Inflationsbekämpfung genauso erfolgreich wie Europa waren, aber bis zuletzt bei extrem niedriger Arbeitslosigkeit realwirtschaftlich weiter kräftig expandierten, weil der Staat – via steigendem öffentlichen Schuldenstand – die Wirkungen der Geldpolitik einfach überkompensierte, hat der Bundeskanzler natürlich noch nie gehört.

Auch wissen beide nicht, dass die vorübergehende deutsche Scheinblüte der 2010er Jahre geprägt war von den deutschen Überschüssen im Außenhandel. Ohne diese Überschüsse gäbe es weder die schwarze Null, noch die niedrige staatliche Schuldenquote und die im Vergleich zu den europäischen Partnern gute Lage am Arbeitsmarkt. Die Überschüsse haben es Deutschland erlaubt, die mit dem Sparen einiger Sektoren notwendigerweise verbundene Schuldenaufnahme anderer Sektoren vollständig auf das Ausland abzuschieben (wie hier und in meinem Grundlagenbuch erklärt). Diese merkantilistische Vorgehensweise war nicht nur für die europäischen Partner untragbar, sondern stößt auch weltweit bei den Handelspartnern an Grenzen. Die neue amerikanische Regierung droht wieder und wieder damit, Gegenmaßnahmen in Form von Zöllen auf deutsche und europäische Produkte zu ergreifen. Wer von einer neuen Agenda und wieder einmal steigender Wettbewerbsfähigkeit träumt, wird in Alpträumen enden. 

In Sachen öffentliche Schulden wurde das Duell dann mehr als peinlich. Während Scholz wenigstens das mulmige Gefühl hat, man müsse die Schuldenbremse reformieren, ist Merz hier vollkommen blank. Er will die Wirtschaft mit massiven Steuersenkungen anregen, was dann, ohne jemals auf die Schulden durchzuschlagen, zu einer Wachstumsbeschleunigung führen würde, die hunderttausende von Bürgergeldempfängern in Arbeit bringt und auf diese Weise die Steuersenkungen “finanziert“. Das ist wirklich hohe Magie und verdient es, mit dem Preis für den besten Illusionisten des Jahres 2025 ausgezeichnet zu werden. 

Doch Merz wäre nicht Merz, wenn er nicht noch den dümmsten aller Wirtschafts-Sätze gesagt hätte. Der Staat habe inzwischen ja eine Billion Euro an Einnahmen und müsse nun einmal mit dem auskommen, was er zur Verfügung habe. Ja, das ist gut, da kann er nächste Woche (wenn es sogar vier Geisterfahrer geben soll) mit Frau Weidel Arm in Arm schunkeln, weil die das genauso sieht. Eine Billion Euro ist ja wirklich viel, wer da behauptet, der Staat brauche noch mehr Geld, ist doch von allen guten Geistern verlassen. 

Merke: Wer in einer wachsenden Wirtschaft so über eine absolute Zahl spricht, hat genau in dem Augenblick kundgetan, dass er oder sie weniger als nichts über Wirtschaft wissen und wohl auch nie in ihrem Leben lernen werden.

Und, was das Auskommen mit dem, was man hat, betrifft, warte ich nun darauf, dass Herr Merz sich noch vor dem Wahltag an die privaten Haushalte in Deutschland wendet und denen klar sagt, dass man gefälligst alles auszugeben habe, was man einnehme, weil alle anderen da draußen von nun an genau mit dem zurechtkommen wollen, was sie zur Verfügung haben. Wenn keiner mehr über seinen Verhältnissen lebt, wird Herr Merz den Millionen deutschen Sparern sagen, kann auch keiner mehr unter seinen Verhältnissen leben, also hört auf mit dem blöden Sparen, es ist vollkommen sinnlos.